Warum Employer Branding in der Steuerberatung mehr ist als ein Obstkorb
Der Fachkräftemangel hat die Steuerbranche längst erreicht. Kanzleien suchen verzweifelt nach qualifizierten Steuerfachangestellten, Bilanzbuchhaltern und Steuerberatern – und merken zunehmend, dass klassische Stellenanzeigen in Jobportalen kaum noch etwas bewirken. In Zeiten von Generation Z, hybriden Arbeitsmodellen und wachsendem Technologiedruck reicht es eben nicht mehr, „flexible Arbeitszeiten“ und einen „modernen Arbeitsplatz“ zu versprechen. Wer als Kanzlei wirklich Talente anziehen will, braucht eine starke Marke als Arbeitgeber – kurz: Employer Branding. Doch viele Kanzleien scheitern genau daran. Warum? Weil sie langweilige Benefits als Innovationskraft verkaufen.
Zwischen Fachkräftemangel und Austauschbarkeit – die Realität in der Branche
Die Steuerberatung ist in vielen Bereichen hochspezialisiert – und gleichzeitig stark reguliert. Das sorgt für eine gewisse Trägheit, wenn es um Innovation geht. In zahlreichen Kanzleien herrscht eine konservative Haltung vor: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Gleichzeitig wächst der Druck: Mandanten verlangen digitale Prozesse, junge Talente wünschen sich sinnvolle Aufgaben, moderne Technik und eine neue Form der Führung. Doch statt echte Veränderungen anzugehen, setzen viele Kanzleien auf kosmetische Maßnahmen: Kickertisch, Jobticket, Homeoffice – fertig ist das Employer Branding. Die Wahrheit: Das reicht nicht.
Was gutes Employer Branding in der Steuerberatung wirklich bedeutet
Employer Branding beginnt nicht bei der Karriere-Webseite, sondern im Inneren der Kanzlei. Es geht um die Frage: Warum sollte jemand ausgerechnet bei euch arbeiten wollen – und nicht bei der Kanzlei drei Straßen weiter?
Das bedeutet konkret:
- Kultur vor Kommunikation: Ein authentisches Miteinander, klare Werte, gelebte Offenheit und Vertrauen sind wichtiger als jeder Marketing-Slogan.
- Sichtbarkeit schaffen: Zeigt, wie ihr wirklich arbeitet – auf LinkedIn, Instagram, vielleicht sogar auf TikTok. Erzählt Geschichten eures Teams, eurer Entwicklung, eures Alltags.
- Entwicklung statt Stillstand: Wer keine Lernkultur etabliert, verliert. Talente wollen wachsen, sich weiterentwickeln – auch fachlich.
- Technologie als Haltung: Digitalisierung darf nicht am Server enden. Wie arbeitet ihr mit KI? Wie werden Prozesse automatisiert? Wie profitieren Mitarbeitende davon?
Wie du Employer Branding für deine Kanzlei neu denken kannst
Statt in Hochglanz-Broschüren zu investieren, sollten Kanzleien ihre Energie lieber in echte Veränderung stecken. Hier ein paar Impulse:
- Die Bewerberreise verstehen: Vom ersten Eindruck auf eurer Webseite über das Bewerbungsgespräch bis zur Einarbeitung – was erleben Kandidaten wirklich? Gibt es klare Abläufe, Feedbackzyklen und Wertschätzung?
- Führung neu denken: Steuerberatung ist Wissensarbeit. Wer Fachkräfte führen will, muss sich als Coach, nicht als Kontrolletti verstehen. Vertrauen, Verantwortung und flexible Ziele schlagen Hierarchie.
- Sprache der Zielgruppe sprechen: Die besten Jobanzeigen sind oft die ehrlichsten. Keine Buzzwords, sondern klare Aussagen. Was erwartet die neue Kollegin oder der neue Kollege wirklich?
- Erfolge sichtbar machen: Kanzleien sind oft zu leise. Warum nicht mal über ein gelungenes Projekt berichten, ein Team-Event, eine innovative Lösung für einen Mandanten? Sichtbarkeit schafft Attraktivität.
- Interne Markenbotschafter fördern: Die besten Multiplikatoren sind die eigenen Mitarbeitenden. Wer begeistert ist, erzählt davon – online wie offline.
Modern heißt nicht nur DATEV Unternehmen Online
Ein weit verbreiteter Irrtum: Sobald eine Kanzlei DATEV Unternehmen Online nutzt, ist sie digital. Das mag technisch stimmen – strategisch aber ist es nur der Anfang. Für junge Fachkräfte und ambitionierte Bewerber ist das kein echtes Differenzierungsmerkmal mehr, sondern Basis.
Die entscheidende Frage lautet: Wie integriert ihr digitale Tools aktiv in eure Kanzleikultur – jenseits des Upload-Ordners?
Themen, die heute Bewerber interessieren:
- Wie wird Künstliche Intelligenz bereits im Kanzleialltag genutzt? Kommen KI-gestützte Tools zum Einsatz – etwa für Fristenmanagement, Recherchen, Textautomatisierung oder interne Schulungsinhalte?
- Wie werden Mandanten mit der neuen Technik abgeholt? Gibt es verständliche Erklärungen, klare Prozesse, Schnittstellenlösungen – oder bleibt alles auf der Beraterseite hängen?
- Wie verändert sich die Kommunikation durch neue Technologie? Nutzen Mandanten Service-Portale, Chatfunktionen oder automatisierte Dokumentenuploads – oder ist der Kanzleialltag noch immer von E-Mail-Anhängen und Telefonlisten geprägt?
- Wie entwickeln sich Kompetenzen im Team? Gibt es interne Learning-Strukturen, Peer-Coaching, interaktive Lernformate oder AI-Bootcamps? Oder hängt die Fortbildung von der Tageslaune des Chefs ab?
Viele Kanzleien unterschätzen, wie schnell Talente merken, ob eine digitale Arbeitskultur nur behauptet oder tatsächlich gelebt wird. Wer Employer Branding glaubwürdig aufbauen will, muss sich genau hier positionieren: Technologie nicht als Werkzeug, sondern als Haltung.
Wer langweilt, verliert – und wer inspiriert, gewinnt
Employer Branding in der Steuerberatung braucht den Mut zur Echtheit. Junge Talente spüren sehr schnell, ob sie wirklich gemeint sind – oder nur für die Statistik gebraucht werden. Kanzleien, die heute bereit sind, ihre Kultur zu reflektieren, ihre Prozesse zu modernisieren und ihre Werte nach außen zu tragen, werden gewinnen.
Nicht wegen des Obstkorbs. Nicht wegen des schicken Logos. Sondern weil sie als Arbeitgeber wirklich etwas zu sagen haben.
Und das – ist das stärkste Benefit von allen.